Renate und Joachim Seemann empfehlen:
Markus Richter
Königsherz Roman – Neuschwanstein-Thriller
Verlag: edition tingeltangel München 2023
Dieser Thriller ist fiktiv und authentisch zugleich: es geht um einen bis zur letzten Seite packenden fiktiven Kriminalfall vor dem Hintergrund hervorragend recherchierter historisch-politischer Zusammenhänge. Dabei ergeben sich zugleich tiefe Einblicke in die Lebenswelt des Bayerischen Königs Ludwig II. und auch seiner getreuen Untertanen und Beamten.
Im Jahre 1886 reist eine Kommission ranghoher Persönlichkeiten aus München nach Schwangau, um König Ludwig II. von Bayern wegen vermeintlicher psychischer Krankheit abzusetzen. Er weilt auf seinem Lieblingsschloss Neuschwanstein, das noch eine Baustelle ist. Der Fall mag allgemein bekannt sein, was sich aber genau zwischen dem 9. und dem 12. Juni dort und in der nahen Umgebung zugetragen hat, erfährt der Leser in diesem Roman. Die königstreue Bevölkerung, Feuerwehr und Gendarmerie stellen sich mutig gegen die verhassten Münchener Politiker und vereiteln zunächst das Komplott. Aber schließlich wird Ludwig dann doch auf sein Schloss am Starnberger See gebracht und streng beaufsichtigt. Wie und unter welchen Umständen der abgesetzte König im See zu Tode kommt und mit ihm sein Arzt Dr. Gudden, ist eine interessante – neue – Version dieses nie aufgeklärten Falles.
Die fiktive, aber ausgesprochen glaubwürdige Kriminalhandlung entwickelt sich, als ein Diener beauftragt wird, die beiden letzten Tagebuchbände des Königs einem getreuen Geistlichen zu übergeben. Die Kammerzofe der Königinmutter und zwei Geheimpolizisten, die auch die Protagonisten in den beiden anderen Bänden sind, werden zu Helden eines Falles, der grausamer und zynischer nicht sein und feiner nicht beschrieben werden könnte.
Der Autor Markus Richter war 20 Jahre lang bis 2013 Kastellan auf dem berühmtesten Schloss Ludwigs II. und dort für die Belange des täglichen Betriebs zuständig. Er kennt jeden Winkel und hat die vorhandene Literatur über den ‚Kini‘ gründlich studiert. Er schrieb zunächst zwei Neuschwanstein-Thriller im Umfeld des ‚Märchenkönigs‘: „Ins Herz“ und „Ohne Herz“.
Nach Beendigung des zweiten Romans stieß Richter nach eigener Aussage auf bisher unbekannte Aufzeichnungen des ehemaligen Füssener Apothekers und Hoflieferanten Christian Singer aus dem Jahre 1886. Singer kannte viele der an dem ‚königlichen Fall‘ beteiligten Schwangauer Bürger und Beamten, war selbst in den Junitagen vor Ort und notierte alles detailliert aus seiner Sicht. Markus Richter übernahm die authentischen Personen in seinen dritten Roman und verarbeitete alles zu einem vorzüglichen Gesellschafts- und Herrschaftsbild dieser Zeit.
Der Roman ist ein Geheimtipp: auf dem Filmfest München 23 wurde er als möglicher Filmstoff für die Filmbranche angeboten.
Wir haben dieses Buch mit Schmunzeln – die Welt des Königs und seiner Untertanen – aber auch mit erträglichem Schaudern – die Welt der Gier und perverser Brutalität – gelesen.