Elke Schneefuß empfiehlt:
Carys Davies
Ein klarer Tag Roman
Verlag: Luchterhand Literaturverlag 2024; Originalverlag CLEAR Scribner, New York, 2024
Wir befinden uns im Jahr 1843, ein schottischer Pfarrer befindet sich in Not. Gerade erst hat John Ferguson sich der neu gegründeten schottischen Freikirche angeschlossen, die noch junge Glaubensgemeinschaft besitzt weder eigene Kirchengebäude, noch kann sie ihre Pastoren angemessen bezahlen. Von der persönlichen Zahlungsunfähigkeit bedroht, nimmt Ferguson einen moralisch zweifelhaften Auftrag an: Er soll den Pächter einer schottischen Insel von dem Land vertreiben, auf dem der Mann lebt. Er ist im Rückstand und zahlt keine angemessene Pacht mehr. Ferguson macht sich auf den beschwerlichen Weg über das Meer. Seine Frau Mary lässt er auf dem Festland zurück und begibt sich auf die Insel nahe den Shetlands, wo Ivar zuhause ist: Ein Eigenbrötler, der mit wenig zufrieden und an das raue und spartanische Leben auf seiner Insel gewöhnt ist.
Anfangs können die Männer sich nicht verständigen, Ivar spricht einen örtlichen Dialekt, den Ferguson nicht kennt. Doch je mehr der Pastor den Insulaner kennenlernt, desto weniger sieht er sich in der Lage, seinen Auftrag umzusetzen und Ivar heimatlos zu machen. Aus Fremden werden Freunde, während Mary sich auf dem Festland zunehmend Sorgen macht und schließlich aufbricht, um ihren Mann zurückzuholen…
Davies erzählt mit sicherer Hand von einem Außenseiter und seiner Welt, von Hunger und Kälte, von der Gewalt der Natur und von ihrer Schönheit. Sie erzählt von einer außergewöhnlichen Freundschaft und von der Liebe zu allem, was lebendig ist. Es ist ein außerordentliches Buch, dessen Ende ebenso unvorhersehbar wie perfekt erscheint.